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Board Search und Brainloop haben zur großen Gala ins Grand Hotel Wien geladen.

Board Search und Brainloop haben wieder die besten Aufsichtsräte des Landes gekürt. Die begehrte Auszeichnung für die Vorreiter der österreichischen Aufsichtsräte wurde von einer 15-köpfigen, versierten und vor allem unabhängigen Jury vergeben und ist nach wie vor weltweit einzigartig.

Mehr als 300 handverlesene Gäste aus Österreich, Deutschland, Schweiz, Liechtenstein, Italien, Polen, Rumänien, Kroatien und Großbritannien, nahmen an der fünften AREX-Gala teil, die im Grand Hotel Wien veranstaltet wurde. „Mit der Verleihung des gläsernen AREX-Awards, der für AufsichtsRats-Exzellenz und Transparenz steht, soll die Qualität des Aufsichtsratswesens forciert werden“, so Board Search-Chef Josef Fritz.

 

           
Georg Wailand, Bernd H. J. Bothe, Carolin Schmid-
Schmidsfelden, Hans Jörg Kaltenbrunner und Ernst
Marth

Im Rahmen der Gala wurde auch „AREX 2019 – Das Buch“ präsentiert. Josef Fritz hat sich im Interview mit Christian Fuchs eingehend mit der Bedeutung der Familienverfassung für Familienunternehmen beschäftigt.

Weiterführender Bericht

Die Bilder zur Gala

 

Die Bedeutung der Familienverfassung

Die Familienverfassung ist eine Vereinbarung, die das Verhältnis Familie und Unter­nehmen regelt. Warum das wichtig ist und was sie beinhaltet als auch über die Risiken und Chancen für Familienbetriebe, darüber unterhalten sich Dr. Josef Fritz und Family Business Experte Dr. Christian Fuchs.

Familienbetriebe sind das Rückgrat der heimischen Wirtschaft und ein geniales Konstrukt. Schnell, wendig und ideenreich. Fakt ist auch, dass zwei Welten aufeinandertreffen und dies kann zu Spannungen führen. Familie und Unternehmen müssen sich im Einklang befinden und es gilt, zeitgerecht dafür Vorkehrungen zu treffen.

Gut achtzig Prozent der heimischen Betriebe sind Familienunternehmen und dennoch schaffen nur knapp fünf Prozent die Übergabe von der dritten and die vierte Generation. Das bekannte Vorurteil „Der Vater erstellt’s, der Sohn erhält’s, dem Enkel zerfällt’s“ bestätigt sich nur allzu oft.

Es gilt, sich rechtzeitig über das Verhältnis „Familie und Unternehmen“ Gedanken zu machen und in Form einer Familienverfassung zu regeln.

Debatten über Probleme sind für Unternehmen und Familie sehr belastend und können zur Krise führen. Es bedarf eines Regelwerks, das ganz klar diese Punkte behandelt und auch einen Wegweiser für Konflikte zur Verfügung stellt. All dies findet dann seinen Wirkungsbereich in der individuellen Familienverfassung.

 

Josef Fritz: Familienunternehmen verfügen über unglaubliches Potential an Leistungsstärke. Dennoch tauchen aus anfangs unerklärlichen Gründen Probleme auf. Woran kann das liegen?

Christian Fuchs: Die Vorteile von Familienunternehmen wie etwa flache Hierarchien, kurze Entscheidungswege, personelle Kontinuität, ausgeprägtes Kosten-Nutzen-Denken, Verlässlichkeit gegenüber Kunden und Geschäftspartnern, starke Identifikation mit dem Unternehmen nach innen wie nach außen, besonderes Gefühl der Verantwortung gegenüber Belegschaft und Region sowie spezielles „Gespür“ für Marktchancen können leider von den Nachteilen allzu schnell zunichte gemacht.

Geschäftsführende Gesellschafter überwerfen sich, Stämme führen Grabenkriege, Nachfolgeregelungen werden blockiert, Zersplitterung und keine Einheit der Familie, Entfremdung, Individualinteressen vor der gemeinsamen Sache, Neid und Missgunst, Spannungen zwischen Gefühl und Vernunft (Vater und Sohn/Tochter etc.), Aussitzen von Problemen bis hin zum Krieg „jeder gegen jeden“.

Während die Familie für Emotionalität, Solidarität und Gleichbehandlung steht, müssen im Unternehmen die Rationalität, Leistung und Hierarchie den Ton angeben.

Die Statistik belegt, dass zwanzig Prozent der Probleme aus fachlichen und sachlichen Themen resultieren, während achtzig Prozent der Schwierigkeiten aus persönlichen und emotionalen Beweggründen herrühren.

Es versteht sich von selbst, dass ein Unternehmen nach vorgegebenen und vereinbarten Regeln zu führen ist. Führung, Kontrolle und Berichterstattung sind fixe Bestandteile eines guten Managements.

Um langfristig das Bestehen des Familienunternehmens abzusichern gilt es, diese Regelung auch für die Familie zu schaffen. Ein darauf ausgerichteter Governance-Kodex bietet dafür die zukunftsweisende Richtlinie.

 

JF: Sie begleiten Familienunternehmen auf dem Weg zu individuellen Familienverfassung. Was genau Herr Dr. Fuchs kann man darunter verstehen?

CF: Die Familienverfassung ist eine von allen Mitgliedern einer Unternehmerfamilie gemeinsam ausgearbeitete und im Konsens beschlossene schriftliche Zusammenfassung von Absichten, Zielen, Werten, Regeln und Verhaltensnormen. Sie erfasst vor allem die Rolle der Familie im Unternehmen, deren Rechte und Pflichten sowie Verhaltensregeln für den Umgang mit Familien- und Unternehmensangelegenheiten.

 

JF: Was ist daran besonders wichtig?

CF: Die Familie und das Unternehmen müssen sich im Einklang befinden. Die größten Gefahren in Familienunternehmen sind die beginnende Entfremdung, Nachfolgeregelungen und schwelende Konflikte. Unternehmerfamilien sollen nicht warten, bis der sprichwörtliche »Hut brennt«.

Eine gute und auf Familie und Unternehmen abgestimmte Family Business Governance, die individuelle Familienverfassung, wirkt präventiv und lässt Konflikte erst gar nicht entstehen, und alle Kräfte konzentrieren sich auf das Wohl des Familienunternehmens und damit auch auf die handelnden Personen.

Fakt ist, dass etwa 67 % der Familienbetriebe von der ersten in die zweite Generation und knappe 37 % von der zweiten in die dritte Generation übergeben werden. Nicht einmal 5 % schaffen es von der dritten zur vierten Generation. Es gilt, rechtzeitig und präventiv die Regeln für Familie und Unternehmen in einer Familienverfassung festzulegen.

 

JF: Was ist das größte Risiko bei Eigentümerunternehmen?

CF: Fast jeder hat sie in den 80er-Jahren am Bildschirm verfolgt: die Intrigen von J. R. Ewing gegen den Rest des Familienclans. Doch wer sich für Familienfehden interessiert, braucht gar nicht ins entfernte Texas schauen. Auch vor der eigenen Haustür, bei österreichischen und deutschen Familienunternehmen, kracht es immer wieder. Die Liste mit Beispielen ist lang. Bahlsen bricht 2001 nach einem 15-jährigen Streit in der Eigentümerfamilie in zwei Firmen auseinander. Auseinandersetzungen in der Familie Herz belasten das Kaffeeimperium Tchibo. »Familien haben generell ein großes Konfliktpotenzial«, sagt Professor Fritz B. Simon vom Lehrstuhl für Führung und Organisation von Familienunternehmen an der Universität Witten/Herdecke. Familienunternehmen brauchen nicht nur eine Unternehmensstrategie. Sie brauchen auch eine Familienstrategie.

 

JF: Warum gibt es so ein hohes Streitpotenzial?

CF: Der häufig existenzgefährdende Zwist der Eigentümerfamilien hat fast immer die gleichen Ursachen: Im Laufe der Zeit wächst die Unternehmerfamilie und damit auch die Entfremdung der einzelnen Mitglieder untereinander und zur Firma. Die Interessen entwickeln sich immer weiter auseinander. Die Entfremdung ist eine sehr große Gefahr.

Neid, Missgunst und Geschwisterrivalität bestimmen die Handlungen. Großes Konfliktpotenzial birgt zudem die Übergabe einer Firma an die nächste Generation. Der Senior kann nicht loslassen, rechtfertigt seine Intervention mit immer neuen Argumenten wie etwa der aktuell schlechten Konjunktur, der gedämpften Branchensituation oder einer jüngst getätigten Akquisition. Sätze wie »gerade jetzt ist es wichtig, die Zügel noch einige Zeit in der Hand zu halten« verhärten die Fronten zwischen Junior und Senior manchmal über Jahre. »Die Streitenden entscheiden nicht mehr sachlich, sondern nur noch emotional«, sagt Familienforscher Fritz B. Simon. Damit nicht genug: Häufig erkennen die Familienmitglieder die Gefahren nicht, die von ihrem Verhalten ausgehen. Man verfährt nach dem Motto: Wir werden uns schon einigen, schließlich sind wir ja eine Familie. Als Folge werden die Konflikte nicht beseitigt, schwelen über Jahre und gefährden die Existenz der Firma. Streit unter den Gesellschaftern ist zweifellos der größte Wertvernichter in Familienunternehmen. Experten kennen die Symptome einer nicht mehr funktionierenden Familienkultur genau. Einzelne Mitglieder fühlen sich übergangen, andere weigern sich etwa aus Zeitgründen, den Rest der Familie über die eigenen Entscheidungen zu informieren. Absprachen über die Kompetenzen fehlen ebenso wie Regeln für den Fall, dass einer in der Familie seine Aufgaben nur unzureichend erfüllt. Vor allem aber Streit innerhalb der Gesellschafter im Beisein von Dritten – etwa Mitarbeitern oder Führungskräften – gilt als höchstes Alarmsignal.

 

JF: Wie können Familienunternehmen trotzdem langfristig erfolgreich bleiben?

CF: Familienunternehmen sind deshalb so erfolgreich, weil sie auf bewährte Traditionen, Werte, Herz und Verstand setzen. In einer Welt, in der alles immer anonymer, schneller und unfreundlicher wird, sind es die Familienunternehmen, die sich von „unpersönlichen” Firmen abheben.

Eigentümerunternehmen denken in der Regel in Generationen, während Manager und Aktionäre von Publikumsgesellschaften auf Quartale und kurzfristige Ergebnisse ausgerichtet sind und, auch erfolgsgetrieben von dritter Seite, sein müssen. Bei Familienunternehmen werden die Systeme »Familie« und »Unternehmen« über das »Eigentum« verknüpft. Diese Verbindung wirkt sich vorteilhaft aus und schafft einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.

Der wichtigste Schritt ist es, zunächst die Interessen der Familie zu klären und zu definieren. Erst dann können Sachfragen diskutiert werden. Sind die akuten Zwistigkeiten geklärt und bereinigt, gilt es, mit Hilfe klarer Regeln – der »Family Governance« – Lösungswege für künftige Konflikte und das Verhalten der Gesellschafter zu formulieren. In dieser Charta, die den gleichen Status wie der Gesellschaftervertrag besitzen sollte, werden Dinge geregelt wie der Ausschüttungs- und Vergütungsmodus. Aber auch die Frage, ob die Familie künftig operativ oder lediglich aus der Gesellschafterposition heraus tätig sein will, wird beantwortet. Daraus folgend sollten auch die Erwartungen an externe Führungskräfte formuliert werden, falls diese zum Einsatz kommen. Um den Zusammenhalt der Familie langfristig zu festigen, schlagen Experten feste Institutionen wie den Familientag, den Familienrat oder das »Family Office« vor.

 

 

JF: Wie schaut eine Familienverfassung konkret aus?

CF: Bei der Erarbeitung der Familienverfassung (Family Business Governance) werden natürlich Fragen in Bezug auf das Unternehmen, Familie und Eigentum eingehend und zukunftsorientiert behandelt. In vielen Unternehmerfamilien sind die Gesellschafter im Betrieb tätig bzw. führen diesen auch. In diesem Zusammenhang sind Fragen zur Beteiligung der Familie an der Führung des Unternehmens zu regeln.

Ebenso Kompetenz- und Legitimationsfragen, die Beteiligung externer Geschäftsführer und vor allem die Regelung der Führungsnachfolge sind Themen, die Familienunternehmen beschäftigen. Das Thema »Eigentum« birgt immer wieder Konfliktpotenzial in sich, wenn es unter anderem um unterschiedliche Auffassung über Stabilitäts-, Rentabilitäts-, Wachstums- und Liquiditätsziele geht.

Bei der Erstellung der Familienverfassung werden auch all jene Fragen aufgeworfen, die die typischen Spannungs- und Konfliktfelder der Familie betreffen. Es geht darum, den Zusammenhalt der Familie zu gewährleisten und das konstruktive Zusammenspiel der Generationen zu ermöglichen.

Besonders bei kleinen oder jungen Unternehmen ist oftmals Unklarheit innerhalb der Familie bezüglich einer anstehenden Nachfolge der Grund für den Wunsch nach einer Familienverfassung. Auch wachsendes Desinteresse und Entfremdung der Familienmitglieder vom Unternehmen können das Anliegen hervorbringen, die Unternehmerfamilie mittels einer Familienverfassung zu vereinen und zu stärken.

Neben dem Leitbild für das Unternehmen ist es unabdingbar, auch die Werte und Ziele für die Familie zu erarbeiten. Die Familienverfassung bietet fundierte Stabilität für die Zukunft und ist ein solider Garant für den Bestand des Familienbetriebes über Generationen.

 

JF: Reichen gesellschaftsrechtliche Verträge nicht aus? Braucht es trotzdem oder etwa zusätzlich eine Familienverfassung?

CF: Die Familienverfassung ist weitläufiger als gesellschafts-/erbrechtliche Verträge, denn sie setzt viel breiter an, nämlich bei der gesamten Unternehmerfamilie, während Gesellschaftsverträge sich lediglich auf die Eigentümerebene beschränken.

Grundsätzlich ist eine Familienverfassung nicht rechtlich bindend. Jedoch ergeben sich oftmals im Zuge der Ausarbeitung Anregungen und Impulse für die Änderung und Anpassung sonstiger Verträge. Insofern wirkt eine Familienverfassung oft als „Motor“ für Erneuerung und Adaption und dient somit der Stärkung der Handlungsfähigkeit des Familienunternehmens als Ganzes.

 

JF: Gibt es eine Vorlage für eine Familienverfassung?

CF: Die Familienverfassung und bereits der Prozess der Ausarbeitung, sind so individuell wie die Unternehmerfamilie selbst. Sie behandelt die speziellen Themen, die die Familie und ihr Unternehmen betreffen und spiegelt die einzigartige Identität einer jeden Unternehmerfamilie wider.

Aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen, wie z.B. Werte, Kulturen und Ziele ist es nicht zielführend, eine „vorgefertigte Schablone“ für Ihre Familienverfassung anzuwenden. Um alle Anliegen und Vorstellungen der einzelnen Familienmitglieder objektiv in die Ausarbeitung der Familienverfassung einfließen zu lassen, gilt es, die richtigen Fragen zu stellen und auch „Tabuthemen“ anzusprechen. Deshalb sollte der Prozess nicht selbst gesteuert, sondern professionell begleitet und moderiert werden.

 

JF: Wer wirkt an der Erstellung der Familienverfassung mit?

CF: Die Familiengesellschafter als auch die involvierten Familienmitglieder sind dazu gemeinsam eingeladen diesen Weg einzuschlagen. Die ausgearbeitete Familienverfassung ist der krönende Abschluss. Der Prozess bis dahin ist aber der wesentliche Bestandteil am Weg zur harmonischen Partnerschaft von Familie und Unternehmen. Ich darf das immer wieder miterleben und erfüllt schlussendlich alle Beteiligten mit großer Freude, einen wichtigen Schritt in eine gute und vielversprechende Zukunft getan zu haben.

 

Dr. Christian Fuchs, MBA, CSE,
Dipl. Business & Management Coach (CAS/ECA)
Family Business Expert
www.fuchs-consult.at

Der Jurist, Betriebswirt und diplomierte Management Coach begleitet Unternehmerfamilien im Portfolio der Family Business Thematik. Dieses erstreckt sich prozessbegleitendend auf dem Weg zur Familienverfassung, im Coaching bei Führung, Vision und Zielmanagement, Strategie, Innovation, Konfliktklärung, Change & Transformation, Motivation und Kommunikation bis hin zur Abwicklung von gewünschten Firmenverkäufen mit einem vertrauensvollen Spezialisten-Team.

Der Experte für Familienunternehmen verfügt über umfangreiches Fachwissen und jahrzehntelange Erfahrungen im Management von eigenen Unternehmungen, Interessenvertretungen sowie Verbänden auf nationaler und internationaler Ebene. Sämtliche Fragestellungen rund um das Thema Familienunternehmen behandelt Christian Fuchs praxisorientiert und umsichtig – die Interessen aller Beteiligten finden Berücksichtigung.

 

 

Dr. Josef Fritz
Geschäftsführender Gesellschafter Board Search GmbH
Doyen der österreichischen Aufsichtsratsszene
Gründer des AREX; Der Award für AufsichtsRat Exzellenz
www.boardsearch.at

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